Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Ehefrau Emine sind am Donnerstag dem 25.09.2018 auf dem Flughafen in Berlin-Tegel gelandet. Das offizielle Programm des Staatsbesuchs begann dann am Freitag .
Zuerst fand hierbei der obligatorische Besuch im Schloss Bellevue statt. Zusammen mit seiner Frau Emine wurde Präsident Erdogan dort von Bundespräsident Steinmeier und dessen Frau Elke Büdenbender mit militärischen Ehren empfangen. Danach erfolgte ein Vier-Augen-Gespräch der Präsidenten. Steinmeier sagte später, er hätte im Gespräch zur Geltung gebracht , die Türkei müsse sichtbare Schritte für mehr Rechtsstaatlichkeit unternehmen. Er hätte auch konkrete Fälle von politischen Gefangenen in der Türkei angesprochen. Es ging dabei um deutsche ebenso wie um türkische Staatsbürger. Die Presse- und Meinungsfreiheit sowie Fragen der Rechtsstaatlichkeit hätten ebenfalls im Mittelpunkt des Gesprächs gestanden. Das Ganze dauerte etwa 75 Minuten und wie von Insidern berichtet, war dabei die Atmosphäre „sehr ernstt“, ja fast feindselig.
Es wurde wohl sehr viel gestritten, den der Besuch dauerte deutlich länger als geplant. Der türkische Präsident fuhr dann vom Schloss Bellevue ins Kanzleramt, um dort mit Merkel zu sprechen. So gegen 11.30 Uhr traf er dann dort mit seiner Delegation ein, und wurde von Bundeskanzlerin Merkel begrüßt. Es gab wie in solchen Fällen üblich ein wenig Small Talk, und die Fotografen hatten Gelegenheit ihre Bilder zu schießen. Dann wurden „die Türken“ zusammen mit deutschen Regierungsmitgliedern von der Kanzlerin zum Essen eingeladen. Es kam dann zu den eigentlichen Gesprächen.
Nach Beendigung begann dann kurz nach 13 Uhr die gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan und Merkel. Beide gaben ihre Statements ab. Dabei das übliche Bla-Bla, und nichts Neues was irgendjemand überrascht hätte. Die Positionen der Beiden waren ja schon zuvor schon ausgiebig durch die Medien genudelt worden. Hier gab es dann allerdings einen kleinen Zwischnfall. Ein Mann wird von Sicherheitskräften aus der Pressekonferenz entfernt. Erdogan und Merkel haben dabei den ganzen Vorfall genau beobachtet. Es ist das einzige Mal das man Erdogan beim Staatsbesuch ein wenig lachen sieht, offenbar gefällt ihm so etwas. Der Abgeführte ist türkische Erdogan-Kritiker Ertugrul Yigit. Sein T-Shirt trug die Aufschrift „Gazetecilere Özgürlük – Freiheit für Journalisten in der Türkei“. Augenzeugen sagten, er habe vor dem Einsatz noch ruhig fotografiert. Während er abgeführt wurde, rief der Fotograf mehrfach: „Ich habe nichts getan.“
Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte später das Vorgehen der Ordner gegen die Protestaktion des türkischen Journalisten. „Wir halten es bei Pressekonferenzen im Kanzleramt wie der Deutsche Bundestag: keine Demonstrationen oder Kundgebungen politischer Anliegen“, twitterte Seibert. „Das gilt völlig unabhängig davon, ob es sich um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht.“
Die Pressekonferenz findet dann ein schnelles Ende als Erdogan gefragt wird, ob er sich für seinen 2017 mehrfach gemachten Vorwurf entschuldigt habe, „Deutschland und Merkel benutze Nazi-Praktiken“. Erdogan kann nicht mehr antworten, schnell wird er von Merkel hinausgedrängt, die die Presskonferenz abbricht.
Hier die gesamte Pressekonferenz als Video. Machen sie sich selbst ein objektives Bild.
Abends ging es dann zum Staatsbankett wieder ins Berliner Schloss Bellevue. Bei seiner Tischrede hatte Erdoğan dort Deutschland die Unterstützung von Terroristen vorgeworfen. Ohne den Namen des nach Deutschland geflohenen Journalisten Can Dündar zu erwähnen, spielte Erdoğan mehrmals auf den Fall an. Tausende Terroristen liefen in Deutschland frei herum, sagte Erdoğan. „Sollen wir darüber etwa nicht sprechen? Sollen wir dazu nichts sagen?“ Er wich dabei von seinem Manuskript ab.
Der Grund war, schon lange zuvor hatte die Türkei ein Liste für ein Auslieferungsverfahren von bereits 136 verurteilten Verbrechern nach Deutschland übermittelt. Bei weiteren 69 handelt es sich dagegen um sehr akute Fälle, deren Prozesse in der Türkei noch gar nicht beginnen konnten, da diese nach Deutschland geflohen waren. Es sei nicht nachvollziehbar, so Erdogan, warum Deutschland die Mitglieder der Gülen-Bewegung oder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK nicht ausliefere.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor bei seiner Tischrede einen Kurswechsel in der restriktiven türkischen Politik sowie die Freilassung von Inhaftierten gefordert. „Ich hoffe, Herr Präsident, Sie verstehen, dass wir darüber nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte Steinmeier.
Trotzdem schien die türkische Seite zunächst nicht unzufrieden mit dem Besuch zu sein. Die Ehrlichkeit habe auch ein Fundament geschaffen, hieß es aus dem Umfeld des Präsidenten. Türkische Medien, die meisten auf Regierungslinie, berichteten wohlwollend. „Merkel betont gemeinsame strategische Interessen mit der Türkei“, titelte zum Beispiel die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Erdoğan setzte dann am Samstag seinen Deutschlandbesuch fort. Am letzten Tag der Reise stand zunächst ein Frühstück mit Kanzlerin Angela Merkel auf dem Programm. Danach reiste Erdoğan weiter nach Köln. Am Flughafen Köln/Bonn traf er sich auch zum Gespräch mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).
Danach nahm Erdoğan an der Eröffnungsfeier der Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld teil, um dort eine Ansprache zu halten. Zu sehen waren Tausende Polizisten, Anhänger und Gegner von Erdogan. Köln war durch den Besuch des türkischen Präsidenten qusi im Ausnahmezustand. Die Anhänger des türkischen Präsidenten hatten sich schon in den frühen Morgenstunden vor der Kölner Zentralmoschee und in der Venloer Straße postiert.
Stundenlang schwenkten sie Halbmond-Flaggen, hielten Transparente mit dem Erdogan-Konterfei in die Höhe, manche posierten in T-Shirts mit dem Vierfinger-Gruß der Muslimbrüder, den der türkische Staatschef auch bei seiner Ankunft am Berliner Hotel Adlon zeigte. „Niemand wird auch nur in die Nähe der Moschee kommen“, hatte die Stadt Köln vor der Feier erklärt, und ließ das Gelände wegen eines mangelnden Sicherheitskonzepts des Veranstalters weiträumig abriegeln.
Kurz nach 17 Uhr hebt er vor 1000 geladenen Gästen zu seiner etwa 40-minütigen Rede an. Die Worte klingen zunächst versöhnlich. Er spricht von einem historischen Moment, von einem großartigen Gebäude, das die Menschen zusammenbringen soll. „Hier gibt es keine Trennung, keine Diskriminierung“, sagt Erdogan und bedankt sich bei seinen türkischen Brüdern und Schwestern, die den Bau der Moschee möglich gemacht hätten. „Sie haben Deutschland solch ein schönes Geschenk gemacht.“
Doch nach ein paar Minuten redet sich Erdogan in Fahrt. Er wettert gegen die kurdische Terrororganisation PKK und die Gülen-Bewegung, die er für den Putschversuch in der Türkei verantwortlich macht. Für die in Deutschland lebenden Türken wünsche er sich Integration und keine Assimilation, sagt er und schwenkt dann zu den türkischstämmigen Fußballprofis Mesut Özil und Ilkay Gündogan, mit denen er sich vor der Fußball-WM im Sommer fotografieren ließ. „Özil und Gündogan wurden aus der Gesellschaft ausgestoßen, weil ich mit ihnen ein Foto gemacht habe.“ Solcher Rassismus müsse „ein Ende haben“. Die Erdogan-Anhänger, die seine Rede hinter den Absperrgittern über Handys mitverfolgen, jubeln.
Hir die ganze Rede von Erdogan im Video. Machen sie sich selbst ein objektives Bild.
„Ich hätte mir gewünscht, dass der Ministerpräsident und die Oberbürgermeisterin hier gewesen wären und auch Reden gehalten hätten“, sagt Erdogan. Dass die politische Führung von Stadt und Land nicht anwesend waren, hatte der Islamverband Ditib weitestgehend selbst verschuldet. Die Eröffnung der Moschee durch den türkischen Staatspräsidenten sorgte im Vorfeld für heftigen politischen Tumult. In einer Pressemitteilung hatte die Ditib überraschend mitgeteilt, dass auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kommen werde, um an Erdogans Seite der Zeremonie beizuwohnen.
Die Staatskanzlei war mächtig verärgert und verschickte eilig ein Dementi. Schließlich trafen sich die beiden, wie bereits berichtet, doch noch, im schmucklosen Gebäude der Flugbereitschaft des Verteidgungsministeriums am Flughafen Köln/Bonn. In dem etwa einstündigen Gespräch habe er Erdogan „deutlich gemacht, dass wenn die Beziehungen sich normalisieren und die wirtschaftlichen Beziehungen vertieft werden sollen, dass dafür Rechtsstaatlichkeit eine ganz wichtige Voraussetzung ist“, sagte Laschet.
Auch in der Kölner Stadtspitze erhitzte die Informationspolitik der Ditib die Gemüter. Bis zuletzt ließ die Ditib Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Unklaren darüber, welche Rolle sie bei der Feier spielen könne und ob sie eine Rede halten dürfe. Schließlich sagte das parteilose Stadtoberhaupt entnervt ab und warf dem Verband „mangelnden Respekt“ vor. Die Ditib, munkelte man hinter den Kulissen, wollte die Eröffnungsfeier nicht für ein Fest der Versöhnung, sondern allein zu einem aus Ankara orchestrierten politischen Affront nutzen.
Die Zentralmoschee in Köln, eine der größten Europas, geriet eben unter der neuen Ditib-Herrschaft immer mehr zum Außenposten Ankaras. Nicht zuletzt die Spitzelaffäre um Ditib-Imame, die Erdogans Denunzierungsapparat mit Namen von politischen Gegnern aus Deutschland fütterten, sorgte für einen Stillstand in der politischen Zusammenarbeit. Bund und Land strichen Fördergelder, der Dialog wurde weitestgehend ausgesetzt. Inzwischen prüft das Bundesamt für Verfassungsschutz, ob die Ditib-Zentrale nicht sogar beobachtet werden soll.