Europäische Zentralbank (EZB) bereitet weitere Zinssenkungen vor

Die EZB bereitet die Finanzmärkte angesichts düsterer Wirtschaftsaussichten auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik vor. Wer bisher dachte, noch niedrigere Zisen wären Mitte 2019 nicht möglich, täuscht sich. Für die Sparer bedeutet dies: Für ihre Spareinlagen wird es nun praktisch bald überhaupt keine Zinsen mehr geben.

Banken müssen Strafzinsen an die EZB zahlen

Die Europäische Zentralbank hat ihre Leitzinsen nicht verändert. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld bleibe bei 0,0 Prozent, teilten die Euro-Wächter in Frankfurt mit. Bereits seit März 2016 liegt er auf diesem Rekordtief. Auch den sogenannten Einlagensatz beließ die EZB vorerst auf dem bisherigen Niveau von minus 0,4 Prozent. Damit müssen Banken weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der EZB überschüssige Gelder parken. Zugleich hieß es, dass das Zinsniveau noch bis ins kommende Jahr hinein auf dem gegenwärtigen Niveau bleibe – oder sogar noch weiter gesenkt werden. Das könnte auch bedeuten, dass die EZB bereits im September die Strafzinsen weiter noch stärker ins Negative drückt .

Der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi. Er hat die Euro-Zone vor dem Zusammenbruch bewahrt und die Konjunktur in der Währungsunion in einer existenziellen Krise gestützt. Allerdings wurden mit seiner strikten „Nullzinspolitik“ auch alle nur erdenklichen Instrumentarien eingesetzt, und die Notenbank zukünftig so weiterer Möglichkeiten beraubt.

Die Zinswende bleibt weiterhin aus

Noch Ende vergangenen Jahres hatten Kritiker und Leidtragende der Nullzinsära auf eine zaghafte Wende gehofft: Seit dem Jahreswechsel kauft die EZB keine neuen Staats- und Unternehmensanleihen mehr auf und ersetzt nur noch Papiere aus dem Bestand, wenn sie das Ende ihrer Laufzeit erreichen. Das war aber nur ein erster, vorsichtiger Schritt in Richtung einer strafferen Geldpolitik. Schon damals machte Draghi klar: „Über den Sommer 2019 hinweg“ würden die Nullzinsen unverändert bleiben. Die Zinswende wurde vertagt, zuerst bis Ende des Jahres, dann bis Mitte 2020, und heute weiß niemand mehr so genau, wann die Leitzinsen jemals wieder steigen könnten.

Solange die Inflation im Euroraum so niedrig bleibt, sieht sich Draghi gezwungen zu handeln. Die Teuerungsrate liegt aktuell bei 1,3 Prozent – weit weg von den angestrebten knapp zwei Prozent. Hinzu kommen die anderen führenden Notenbanken, allen voran die Fed, die kommende Woche erstmals seit Jahren wieder die Zinsen senken dürfte.

Christine Lagarde erhält eine fast unlösbare Aufgabe

Die bisherige IWF-Chefin Christine Lagarde ist von den Euro-Finanzministern als neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank nominiert worden. Die EZB hat nichts gegen ihre neue Chefin einzuwenden. Ob sie die EZB jedoch aus der Kise führen wird ist mehr als fraglich.

Als Baustein in ihrem Kampf um das Inflationsziel erwägt die EZB zudem, das Anleihekaufprogramm wieder aufzunehmen. Kritiker im Zentralbankrat argumentieren, die Wirtschaftslage in der Euro-Zone sei momentan robuster als zum Start des alten Programms vor fünf Jahren, die Gefahr einer Deflation gebannt. Eine Neuauflage des Ankaufprogramms sei deshalb nicht zu rechtfertigen.

Befürworter halten dagegen, die EZB müsse frühzeitig gegensteuern, wenn sich die Wirtschaftslage und mit ihr die Inflationserwartungen eintrübten. Andrew Bosomworth, Deutschland-Chef des Anleihe-Investors Pimco, erwartet neue Anleihekäufe im Wert von 30 Milliarden Euro pro Monat nach der nächsten Ratssitzung im September. Sechs bis neun Monate könnte das neue Kaufprogramm andauern, vermutet er.

Für normale Sparer sind die Aussichten damit zementiert. Für Geld auf dem Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonto wird es weiterhin so gut wie keine Zinsen geben. Nach Abzug der Inflation machen Sparer Verlust. Wer das nicht hinnehmen möchte, hat kaum noch Möglichkeiten: Sichere Anleihen bringen keine Rendite mehr, Aktien sind im historischen Vergleich relativ teuer und ihre Preise von der schwächer werdenden Konjunktur bedroht. In den meisten Ballungsräumen sind die Immobilienmärkte heiß gelaufen, auch getrieben von der lockeren Geldpolitik: Investoren auf der Suche nach Rendite haben in deutsche Immobilien investiert; niedrige Zinsen haben Immobilienkredite historisch günstig gemacht. Steigende Mieten liegen mithin auch in der Nullzinspolitik begründet.

Die Geldpolitik besitzt keine Instrumente zur weiteren Einflußnahme

Seiner Nachfolgerin Christine Lagarde hinterlässt Mario Draghi eine schwierige Aufgabe. Der scheidende EZB-Präsident hat die Euro-Zone vor dem Zusammenbruch bewahrt und die Konjunktur in der Währungsunion in einer existenziellen Krise gestützt. Aber er hat die Notenbank auch um ihren umfangreichen Instrumentenkasten gebracht. Einem Konjunktureinbruch oder gar einer Krise könnte die EZB kaum noch adäquat begegnen – und es steht zunehmend infrage, ob Draghis Maßnahmen ausreichen, um das Inflationsziel zu erreichen. Eine geldpolitische Wende ist von Lagarde nicht zu erwarten. Aber womöglich eine Reform des Inflationsziels. Was dies bedeutet wagt jedoch kaum jemand zu denken. Verliert der Euro vielleicht schon bald seinen Wert?

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